Lesung von Margot Friedlander aus ihrer Autobiographie „Versuche, dein Leben zu machen“

„Versuche, dein Leben zu machen.“ Dies waren die letzten Worte ihrer Mutter, die Margot Friedlander von einer Bekannten übermittelt wurden, nachdem diese am 20. Januar 1943 ihrem Bruder gefolgt war, der am Mittag von der Gestapo verhaftet worden war. Statt wie geplant mit ihrer Familie aus Deutschland zu fliehen, war die damals 21-Jährige plötzlich auf sich allein gestellt und musste – wie ihr von ihrer Mutter aufgetragen worden war – versuchen, ihr „Leben zu machen“.

Ihr „Leben zu machen“ hieß und heißt für Margot Friedlander unter anderem 15 Monate in Deutschland im Untergrund zu leben, auf die Hilfe von Unbekannten zu vertrauen und von einer Adresse zur nächsten zu ziehen; 1944 ins Ghetto Theresienstadt deportiert zu werden, dort unter menschenunwürdigen Zuständen leben und Zwangsarbeit leisten zu müssen; selber den Holocaust zu überleben, aber ihre gesamte Familie zu verlieren; in die USA auszuwandern und nach über 60 Jahren nach Deutschland zurückzukehren, um uns und andere an ihren Erlebnissen, ihren Erinnerungen und ihrem Leben und damit verbunden auch an ihren Appellen für Menschlichkeit und Respekt einander gegenüber teilhaben zu lassen. Ihre Motivation, auch in ihrem hohen Alter noch in Schulen zu gehen und von ihren Erfahrungen und Erlebnissen zu berichten und sich den Fragen der jungen Generation zu stellen, ist „die Hoffnung, dass sich die dritte und vierte Generation klar darüber werden, was passiert ist und dafür sorgen, dass so etwas nie wieder passiert“.

Wie bereits in den vergangenen zwei Jahren hat Frau Friedlander am 13.10.2014 – heute bereits 93-jährig – eine sehr bewegende und emotional ergreifende Lesung vor den vier zehnten Klassen gehalten und uns alle noch einmal eindringlich darauf aufmerksam gemacht, dass Menschlichkeit, Respekt und friedvolles Miteinander keine Phrasen bleiben dürfen, sondern wir alle mit dafür verantwortlich sind, dass die Ausgrenzung und Vernichtung von Menschen nicht mehr geschehen dürfen. Wir danken ihr herzlich für dieses sehr eindrucksvolle Erlebnis.

Sarah Frevel und Karin Bergmann

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